Helikoptergeld wird aufgrund der Corona Krise wieder diskutiert. Hier eine Zusammenfassung von Chancen und Risiken:
Der Begriff „Helikoptergeld“ bezeichnet ursprünglich das Verteilen von Papiergeld durch „Helikopter“[1] zur Erhöhung der Kaufkraft der Bevölkerung. Im Allgemeinen soll dies erfolgen, um in Krisensituationen des Kreditgeldsystems oder bei Erwartungsstörungen „repressiv“ zu wirken. In den Vorschlägen zur Verteilung steht der Begriff Helikopter als Synonym für breit und zufällig. Die Verteilung erfolgt weder nutzenorientiert noch bedarf es bei den meisten Vorschlägen einer Gegenleistung. Allenfalls verwendet der Staat das Helikoptergeld „zum Nutzen“ aller. Dies könnte zum Beispiel dann der Fall sein, wenn es zu vorübergehenden Störungen bei der Entstehung neuen Kreditgeldes kommt und negative Multiplikatorprozesse einen nachhaltigen Abbau wirtschaftlicher Strukturen und schädliche individuelle Härten zur Folge hätten. Es müsste untersucht werden, ob lediglich das Bereitstellen von Kaufkraft reicht, um Schäden auszugleichen. Möglicherweise ist das Stärken der Angebotsseite – beispielsweise durch pauschalisierte Steuerrückerstattungen während der Störungsphase – genauso wichtig, um Angebotsstrukturen zu erhalten. Es sei dahingestellt, ob der Begriff „Helikoptergeld“ dann überhaupt noch passend ist.
Ob der Staat Helikoptergeld als Papiergeld verteilt oder den Bürgern Guthaben auf Bankkonten gut geschrieben werden, hat eine vergleichbare bilanzielle Wirkung. Die Entstehung von Papiergeld ist mit einem Buchungsvorgang in einer Zentralbankbilanz verbunden. Papiergeld ist eine Verbindlichkeit der Notenbank, der nach den Regeln der doppelten Buchführung auf der Aktivseite der Bilanz ein Gegenposten gegenüberstehen muss. Für Guthaben bei Banken gilt im Prinzip ähnliches. Denkbar wäre, einen sehr lange laufenden unverzinsten Anspruch gegen den Staat zu buchen. Dies wäre eine quasi abstrakte Gegenleistung der Gesellschaft. Im Gegenzug würde der Staat Papiergeld oder Kontoguthaben erhalten, die er verteilen kann. Eine aufgrund von Störungen ausbleibende Geldentstehung würde durch eine solche Kreditaufnahme kompensiert und der Schadensausgleich über sehr lange Zeit verteilt. Wenn Helikoptergeld nicht als zusätzliche Staatsverschuldung sichtbar sein soll, erfordert das große Änderungen in der Darstellung der Staatsfinanzen. Ist Helikoptergeld als Staatsverschuldung sichtbar, müsste deutlich werden, inwieweit der wirtschaftliche Schaden wirksam durch eine sachgerechte Verteilung von solchem Helikoptergeld kompensiert wird und ob der intrinsische Wert des Geldes, also der Anspruch auf Gegenleistung, zurückgeht und damit der Anreiz zum Erbringen von Leistungen für Geld sinkt.
Die Vorstellung, Papiergeld einfach zu drucken und direkt zu verteilen, ohne eine Gegenforderung zu buchen, würde es erforderlich machen, das Bargeldkonzept vom Kreditgeldsystem zu entkoppeln und ganz anders als derzeit gesetzlich geregelt aufzusetzen. Steht Helikoptergeld keine Forderung in der Notenbank- oder einer anderen Bilanz entgegen, ist es wohl nur Papier, für dessen Erhalt wenig Bereitschaft bestehen könnte, eine Leistung zu erbringen.
Wünschen der Bevölkerung nach immer mehr Helikoptergeld müsste durch hohe Hürden und angemessene Begründungen entgegen gewirkt werden. Das Tauschprinzip von Leistung und Gegenleistung könnte gefährdet sein. Die Gefahr, dass Ausländer ihre Produkte gegen verwässertes Geld nicht tauschen möchten, müsste berücksichtigt werden. Das Risiko, dass die Wettbewerbsfähigkeit einer Gesellschaft sinkt, dürfte sehr hoch sein. Soweit eine nachhaltige Wiederherstellung des intrinsischen Wertes von Geld verfolgt wird und Zinsen danach wieder aus Marktprozessen entstehen, dürften diese Risiken sinken.
Negative Zinsen sollen wirtschaftliche Aktivität erzwingen, belasten aber die Eigenkapitalbasis der Banken. Wenn wirtschaftliche Aktivitäten aufgrund von Naturkatastrophen gar nicht möglich sind, wäre die Wirkung von negativen Zinsen kontraproduktiv, denn zumindest zunächst reduziert sich die Geldmenge und damit die Kaufkraft. In sehr kritischen Phasen könnte Helikoptergeld deutlich stabilisierender wirken.
[1] Als Urheber des Begriffs Helikoptergeld gilt Milton Friedman, Die optimale Geldmenge und andere Essays, Verlag Moderne Industrie 1970
Letzte Aktualisierung am 19.4.2020
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