Wohnen wird preiswerter, umweltfreundlicher und bedarfsgerechter durch Eigentumsbildung für selbstgenutzte Immobilien
Kosten von Wohnen sind hoch
Vorschriften fürs Bauen werden immer weiter verfeinert – mit der Folge steigender Baukosten. Baulandpreise ziehen an, weil besonders in den Ballungsräumen das wenige verfügbare Bauland von den wirtschaftlich Stärksten zu entsprechend hohen Preisen erworben wird. Zusätzlich erhöht sich durch Zuzug derzeit die Nachfrage nach Wohnraum schneller als das Angebot.
Schutzbestimmungen für Mieter beschränken Mieterhöhungen, sodass schon länger genutzte Wohnungen zu relativ günstigen Preisen vermietet sind. Die Nutzer dieser Wohnungen halten deshalb häufig bestehende Mietverhältnisse aufrecht, auch wenn sich ihre persönliche Situation und ihr Bedarf verändert. Dadurch wird der Markt für verfügbaren Wohnraum verengt („Lock in“). Enge Märkte führen zu erhöhter Volatilität. Der Grenzpreis für ein geringes Angebot steigt überproportional. Er orientiert sich an den wirtschaftlich Stärksten. Es entsteht ein gespaltener Markt. Die Nutzung der Flächen ist nicht mehr bedarfsgerecht.
Die Situation dürfte sich nur dann verbessern, wenn
- das Angebot an Bauland so hoch ist, dass der Bodenanteil von Gebäudeherstellungskosten sinkt,
- bedarfsgerechte und zusätzliche Wohnflächen entstehen,
- mit der Ausweisung neuen Baulandes ökologischer Nutzen entsteht.
Grund und Boden ist knapp und Wohnen in älteren und effizienten Gebäuden dürfte bei einer wirkungsvollen Regelung zu CO2-Emissionen teurer werden. Dafür sind aber attraktive Wohnflächen grundsätzlich leicht vermehrbar.
Ökologische Fragestellungen zu Flächenversiegelung werden wenig im Hinblick auf Möglichkeiten untersucht, wie ohne zusätzliche Flächenversiegelung ein tendenzielles Überangebot an attraktiven Wohnflächen entstehen könnte, damit Baulandpreise fallen. Geeignet wären zum Beispiel höhere Gebäude, Aufstockungen auf bestehende Gebäude und das Ersetzen ineffizienter alter Immobilien.
Es werden unterschiedliche Massnahmen diskutiert, um eine Ausnutzung von bestehendem Baurecht zu bewirken. Wohnen soll in der Folge günstiger werden. Nachstehend wird untersucht, inwieweit diese geeignet oder sogar schädlich sein können und welche Hindernisse für ihre Wirkung bestehen.
Baugebot – Option zur Preissenkung?
Stadtplanung im Sinne einer Gestaltung nur einmal vorhandener begrenzter Flächen, ihrer Ausstattung mit Infrastruktur und ihres Zusammenwirkens ist wohl zwingend eine staatliche Aufgabe und Pflicht. Mit dem Ausweisen von Baurecht kann eine Kommune gestalten und das Angebot und damit auch Preise beeinflussen. Das BauGb bestimmt im wesentlichen die Rechtsgrundlagen dafür.
Bedarfserwartungen sind unsicher und der tatsächliche Bedarf ist von Preisveränderungen abhängig. So erwartete der Bevölkerungswissenschaftler Prof. Meinhard Miegel 2002[1], dass die Stadt Berlin aufgrund ihrer Lage und historischer Gründe stark schrumpfen würde und leitete daraus Politikempfehlungen ab.Tatsächlich wächst Berlin jedoch seit Jahren. Ein Grund könnte das für viele Jahre bestehende günstige Preisniveau für Wohnen gewesen sein. Für Start-ups war es attraktiv, das Angebot an Wohnraum und Büroflächen zu vergleichsweise günstigen Mieten in einer internationalen Hauptstadt nachzufragen. Auch Ausländer haben sich angesiedelt. Top down abgeleitete Gestaltungsvorstellungen passen oft nicht zu evolutorischen Veränderungsprozessen mit Angebots- und Nachfrageveränderungen.
Hohe Preise für das Nutzen von Immobilien erhöhen Kosten von Unternehmen und anderen den Standort prägenden Institutionen wie z.B. Universitäten. Es liegt im Interesse einer Standortpolitik, dem entgegen zu wirken und die Wettbewerbsfähigkeit eines Standortes zu erhalten.
Wenn durch eine zu expansive Stadtplanung ein zu hohes Angebot an Wohnraum entsteht, wird im Rahmen einer Marktbereinigung unattraktiver Wohnraum unwirtschaftlich. Es entsteht Leerstand und der Bedarf für Rückbau. Die Qualität des Angebotes erhöht sich[2]. Die Risiken tragen Investoren.
In der politischen Diskussion werden seit 2018 verstärkt Enteignungen als Mittel zur Beseitigung von Wohnungsnot gefordert. Ist das zielführend?
Gemäß der Paragraphen 176 und 85 ff. BauGb kann eine Kommune verlangen, dass ein bestehendes Baurecht vom Eigentümer zu nutzen ist, wenn eine angespannte Wohnsituation besteht und dies dem Eigentümer zumutbar ist. Wird es nicht wahrgenommen, könnte die Kommune den Eigentümer enteignen und in der Regel bereits mit der Androhung einer Enteignung bauliche Aktivität erwirken. In Kombination mit einer breiten Erhöhung bestehenden Baurechts verfügt die Kommune über ein wirkungsvolles Mittel, um das Angebot an Bauland soweit zu erhöhen, dass es die Nachfrage übersteigt und die anteiligen Bodenpreise beim Bauen wieder sänken. Schließlich könnte sie sogar ankündigen, das Baurecht so lange zu erhöhen, bis ein bestimmtes durchschnittliches Bodenpreisniveau pro Quadratmeter Wohnfläche in bestimmten Gebieten erreicht wird oder das insgesamt ausgewiesene Baurecht eine überdurchschnittliche GFZ pro Einwohner ausweist. Allein die Ankündigung und Veröffentlichung derartiger Zielsetzungen kann spekulativem Abwarten bei der Nutzung von Bauland entgegenwirken und eine Preiswende herbeiführen. Investoren und nach Wohnraum Suchende könnten durch solche Ankündigungen Risiken besser kalkulieren.
Bei extremen Verknappungssituationen spricht unter ökonomischen Aspekten einiges dafür, dass eine Erhöhung von Baurecht in Verbindung mit einem Baugebot zur Preisbeeinflussung zu einem bezahlbaren und bedarfsgerechten Wohnraumangebot führen kann, wenn sie durch Maßnahmen ergänzt wird, die zu einer deutlich erhöhten Eigentumsquote für selbst genutzte Immobilien führen. Bei der praktischen und rechtlichen Anwendung des Baugebotes – Politiker wollen gewählt werden – kommt es aber entscheidend darauf an, ob viel Baurecht mit wenig Druck oder das bestehende Baurecht mit viel Druck angewendet wird.
Neben dieser Option, passive Grundstückseigentümer zu enteignen, wird diskutiert, das Wohnungsangebot durch hohe Grundsteuern auf unbebaute Grundstücke sowie durch staatliche Baumassnahmen zu erhöhen? Diese Massnahmen dürften weniger Wirkung entfalten. Vor allem aber besteht ein wesentliches Hindernis für die Wirkung solcher Massnahmen:
Erhaltungssatzung setzt auf Bestandserhalt – ein Zielkonflikt im Baurecht
Politische Entscheidungsträger in verschieden Städten möchten den hohen Mieten entgegenwirken, indem sie Regelungen zu Erhaltungssatzungen verschärfen und den Geltungsbereich der Erhaltungssatzungen ausweiten. In München, der Stadt mit den höchsten Mieten in Deutschland, wird sogar gefordert, das gesamte Stadtgebiet als Erhaltungssatzungsgebiet auszuweisen.
Die Gestaltungsmöglichkeiten mittels Baugeboten stehen im Konflikt zu den ebenfalls baurechtlichen Regelungen zu Erhaltungssatzungen (§ 172 BauGb), wenn diese bestehende Bausubstanz zum Zwecke eines „Milieuschutzes“ perpetuiert.
Der Erhalt eines charmanten prägenden Ensembles dürfte für die meisten interessant sein. Das Denkmalschutzrecht und stadtplanungsrechtliche Bestimmungen ermöglichen diese Erhaltung deshalb bereits unabhängig von Erhaltungssatzungen.
Aber nicht nur prägende Ensembles, sondern auch die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung soll durch Erhaltungssatzungen erhalten werden (Milieuschutz). Dies dürfte in der Realität wohl kaum erreichbar sein. Die Menschen von vor 20 Jahren gibt es in Teilen nicht mehr. Junge wachsen nach und in Städten wie München kommen zahlreiche neue Bewohner mit anderen Lebensvorstellungen und Bedürfnissen dazu. Die Lebensdauer von Restaurants und anderen Milieu-prägenden Elementen ist eher kurz. Neues muss entstehen.
In Erhaltungssatzungsgebieten wird versucht, die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen zu verhindern. In München betrifft dies 171.000 Wohnungen mit rund 300.000 Bewohnern, einem Fünftel der Münchner Einwohner[3]. Bauliche Veränderungen sind genehmigungsbedürftig und Luxuswohnungen sollen nicht entstehen. Käufer von Mehrfamilienhäusern werden aufgefordert, eine Erklärung zu unterschreiben, mit der sie die Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts der Kommune abwenden können. („Abwendungserklärung“). Durch diese verpflichten sie sich unter anderem, nur an wirtschaftlich Schwächere zu vermieten und ein Wohnhaus nicht in Eigentumswohnungen aufzuteilen. Ein Abbruch ist grundsätzlich untersagt und Verbesserungen an den Gebäuden, „Modernisierungen“, sind nur in engen Grenzen möglich.
Die Anzahl potentieller Käufer, die das Risiko eingehen, zu kaufen, ohne eine Abwendungserklärung zu unterschreiben, ist relativ gering. Käufer, die die Abwendungserklärung unterschreiben, kaufen mit einer niedrigeren Rendite und deshalb wohl auch zu einem niedrigeren Preis. Übt die Kommune ihr Vorkaufsrecht aus, so ist der Preis eher höher, weil ein Käufer, der die Abwendungserklärung nicht unterschreibt, mit höheren Renditen kalkulieren kann. Die Stadt kauft Objekte überteuert ein, wenn die Abwendungserklärung nicht unterzeichnet wurde.
Wenn die Kommune die Immobilie selber verwaltet, vermietet sie günstig an Mieter mit relativ niedrigen Einkünften. Verkauft sie die Immobilie, so wird vom Erwerber wiederum verlangt, die Verpflichtungen aus der Erhaltungssatzung zu übernehmen. Insoweit reduziert sich der Wert bei einer späteren Reprivatisierung, weil sich der Preis für vermietete Immobilien eher am Ertragswert als am Substanzwert orientiert. Bei der Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts versucht die Stadt München deshalb zu vermeiden, dass ein zu hoher finanzieller Verlust beim späteren Verkauf entsteht[4]. Dennoch werden wissentlich finanzielle Verluste in Kauf genommen. Mit diesen Mitteln könnten grundsätzlich auch andere Wohn-, Bau- oder Baufördermaßnahmen durchgeführt werden.
Erhaltungssatzungen und ein hoher Mieterschutz sind nach Ansicht ihrer Befürworter eine unverzichtbare Möglichkeit, Abhilfe gegen „Wohnungsnot“ zu schaffen. Das Angebot erhöht sich dadurch aber nicht, Nutzungsänderungen werden behindert und es werden diejenigen benachteiligt, die nicht „erhalten“ werden sollen.
Die Erhaltungssatzung soll den Zuzug von wirtschaftlich Starken aus dem Rest Deutschlands und ganz Europa in ausgewählte Gebiete von München beschränken. Sie benachteiligt aber auch erfolgreiche junge Münchner, die ins Berufsleben eintreten und in die Münchner Innenstadt ziehen möchten. Erfolgreiche Münchner werden derzeit von 171.000 Wohnungen als potentielle Mieter ausgeschlossen. Milieuschutz könnte in diesem Sinne diskriminierend und nicht EU-konform sein.
Viele Wohnungsimmobilien werden mittlerweile von Gesellschaften und Fonds gehalten. Das Ausüben eines Vorkaufsrechts bei Verkauf von Gesellschaftsanteilen ist praktisch und wohl auch rechtlich unmöglich. Für professionelle Marktteilnehmer gibt es viele Möglichkeiten, das kommunale Vorkaufsrecht zu unterlaufen. Insoweit benachteiligt die Erhaltungssatzung natürliche Personen und Erbengemeinschaften, die ihre Immobilien im Privateigentum halten.
Durch die Erhaltungssatzung wird einer Eigentumsbildung entgegen gewirkt, das Erstellen von Neubauwohnungen wird behindert, verteuert und in andere Gebiete verlagert. Das Angebot an Eigentumswohnungen wird verknappt, so dass der Erwerb von Immobilien für jüngere Menschen noch schwieriger wird.
In den aktuellen Regelungen der Stadt München wird wohl das Recht eines Eigentümers, auf Eigenbedarf zu klagen, auf eine Wohnung in einem Objekt beschränkt. Es wird nicht berücksichtigt, ob ein Eigentümer ein Kind oder sechs Kinder hat. Es wird auch nicht unterschieden, ob das Objekt fünf oder 45 Wohnungen hat. Wenn Mietverträge faktisch einen eigentumsgleichen Charakter erhalten, entstehen konkurrierendes Eigentum und Konflikte.
Weil die Statistik des Mietspiegels einen Zusammenhang zwischen Fliesen in Badezimmern und Mietpreisen gesehen hat, hat vor Jahren das Amt für Wohnungswesen eine Renovierung unter Verwendung von Fliesen untersagt. Als dann schließlich durch Rechtsstreitigkeiten geklärt wurde, dass der Einbau von Fliesen zulässig ist, waren diese nicht mehr in Mode. Dieses Beispiel zeigt, dass mit hohem Verwaltungsaufwand und damit verbundenen Kosten tendenziell ein Wohnungsangebot geschaffen wird, das sich nicht an Wünschen und Vorstellungen von Nutzern. orientiert Fragwürdige statistischen Zusammenhängen aus einem Mietspiegel sowie Ermessen von Verwaltungsmitarbeitern bestimmen Gebäudeausstattungen. Auch Mieter mit geringeren Einkommen haben individuelle, sich verändernde Bedürfnisse.
Preise sind Informationen und enthalten Verhaltensanreize. Wenn aufgrund von politischen Entscheidungen das Angebot an Bauland und damit das Angebot an Wohnraum nur eingeschränkt in Ballungsgebieten erhöht werden soll, ist eine Abwägung zu treffen. Soll Zuzug verweigert werden oder soll zumutbar sein, dass Personen aufgrund von Preisdifferenzen auf das – jedenfalls in Bayern – ebenfalls attraktive – Land ausweichen. Je größer der Preisunterschied zwischen Ballungsräumen und ländlichen Gebieten ist, desto attraktiver wird das. Unternehmen hätten verbesserte Möglichkeiten, aus den Ballungsgebieten heraus zu gehen und so den ländlichen Raum zu stärken. Von Eigentümern würden Preisdifferenzen wohl kaum als Verdrängung empfunden werden. Sie könnten in hohen Verkaufspreisen einen Nutzen sehen und sich bewusst für einen Umzug aufs Land entscheiden.
Es wäre interessant zu prüfen, ob die vollständige Befreiung von Mieten von Preisvorschriften nicht insgesamt zu einem reduziertem Preisniveau und für die Nutzer zu einer attraktiveren Angebotsstruktur führen würde. Über Wohngeldzahlungen könnten soziale Fragen adressiert werden. Eine erhöhte Eigentumsquote reduziert die Nachfrage nach Mietverhältnissen. Eigentümer können ihre Wohnkosten auf Dauer besser kontrollieren.
Baugebot oder hohe Grundsteuern auf unbebaute Grundstücke?
Alternativ zur Nutzung von Baugeboten mit Enteignungsandrohungen wird in der politischen Diskussion vorgeschlagen, eine erhöhte Grundsteuer auf unbebaute Grundstücke zu erheben, um Eigentümer zum Bauen zu bringen. Dies wäre eine Sollertragssteuer mit Enteignungswirkung auf nicht erzielte Einnahmen, wenn ein Grundstück keinen Ertrag bringt oder die Steuer über bestehenden Einkünften liegt. Offen ist dabei, ob auch eine Besteuerung von Baureserven – also nicht genutztem Baurecht – erfolgen soll. Die Gemeinde soll diese Steuer auf Grundstücke festsetzen.
Es stellt sich die Frage, ob bei dieser Einzelfallentscheidungen getroffen werden können und ob und wie das Prinzip der wirtschaftlichen Zumutbarkeit analog zu § 176 BauGB aufgenommen wird.
Enteignungen können gerichtlich überprüft werden, der Streitwert einer Enteignung kann dies rechtfertigen. Eine Sollertragsteuer für unbebaute Grundstücke im Einzelfall gerichtlich überprüfen zu lassen, ist vergleichsweise unwirtschaftlich. Sie könnte aber verfassungswidrig sein, wenn sie eine entschädigungslose Enteignung darstellt. Steuern wirken unscharf. Ob eine derartige Steuer in ihrer Wirkung den Zweck erreicht, ist fragwürdig, weil auch Grundstücke mit einer Sollertragssteuer belastet werden, deren sofortige Bebauung nicht im öffentlichen Interesse liegt. Steuerliche Bewertungen von Grundstücken spiegeln nur sehr eingeschränkt deren tatsächlichen Wert wieder. Warum will man ein Experiment wagen, wenn es eine bestehende Regelung in Form von § 176 BauGB gibt und diese wohl angemessen und wirksam sein dürfte?
Enteignung für staatliches Bauen
Die Kommune kann Grundstücke oder Gebäude enteignen, wenn bestehendes Baurecht nicht genutzt wird. Sie kann die Preise für Bauland zum Fallen bringen. Sollte der Staat auch selber bauen?
Bauen kann er im aktuellen geldpolitischen Umfeld sehr einfach finanzieren und das macht es verführerisch. Die Entstehung zusätzlichen Geldes erfolgt immer mehr durch staatliche Notenbanken (Zentralbankgeldschöpfung). Die Zinsen für Staatsanleihen waren teilweise schon negativ. Im Wettbewerb stehende Geschäftsbanken müssen dagegen Projekte prüfen, wenn sie Kreditgeldschöpfung betreiben.
Wenn der Staat Wohnraum entwickelt, unterliegt die Entwicklung möglicherweise keinem projektbezogenen Kontrollmechanismus einer Bankfinanzierung. Technische Faktoren wie die Bauqualität, die Lebensdauer und die energetischen Gestaltungen entwickeln sich ständig weiter und erfordern Spezialkenntnisse. Bedarfsstrukturen und deren Änderungen sind wenig planbar, die Folgekosten von Fehlplanungen erheblich. Wer trägt die Verantwortung für Fehlentscheidungen? Wohl die Steuern zahlende Gemeinschaft.
Der Staat soll jetzt Wohnungen errichten und preiswert vermieten. Der Trend geht derzeit zum Wohnen in der Stadt. Die Ballungsgebiete wachsen überproportional, Immobilienpreise steigen. Doch vielleicht kehrt sich der Trend wieder um. Bedürfnisse ändern sich. Dann stehen tendenziell unattraktive Wohnungen leer und der Staat hat die betrieblichen und die Erhaltungsaufwendungen zu tragen.
Alternativ betrachten manche in der Debatte den realen Bestand an Immobilien und überlegen, wie man diesen fair zuweisen könnte. Aber wie kann man zentral den individuellen Bedarf planen? Jeder müsste bleiben, wo er ist und die Zuordnungen hinnehmen. Erwachsen gewordene Kinder ziehen aus und ältere Menschen gehen in Ruhestand. Sie müssten sich bei der Wahl ihres Wohnortes nicht mehr am Arbeitsplatz orientieren. Entstehungs- und Veränderungsmechanismen kommen zu kurz.
Wenn Preismechanismen wirken, können auch sich ändernde Wünsche und Prioritäten aufgenommen werden. Wenn private Investoren wie zum Beispiel Lebensversicherungen bauen und einen Ertrag für Versicherte erzielen können, tragen sie Verantwortung für Entscheidungen und die richtige Einschätzung von Angebot- und Nachfragestrukturen. Auch eine Abtretung von enteignetem Bauland an Genossenschaften oder auch Private unter Auflagen erzeugt Wettbewerb und Preisdruck, wenn genügend Angebot geschaffen wird. Dann könnte ein marktwirtschaftlicher Trial-and-error-Prozess auch für das Gut Wohnen nachfragegerechte Strukturen hervorbringen.
Bezahlbares Wohnen – Miete oder Eigentum
Mieterschutz ist sicherlich nützlich, aber Chancen für Um- und Zuziehende auch. Der beste Schutz gegen steigende Mieten dürfte Eigentum sein, das mit geringen Kosten auch getauscht werden kann. Will heute ein junges Paar eine Wohnung kaufen, ist das in vielen Gebieten für die meisten nicht nur unbezahlbar, sondern ein Wechsel nach wenigen Jahren durch Steuern und Abgaben so teuer, dass man besser Mieter bleibt. Bessere Neubauten mit mehr effizienter Wohnfläche wäre die Alternative zu gestoppten baulichen Veränderungen und dem Erhalt alter Gebäude mit ineffizienten Flächennutzungen. Mieterschutz kann man individuell auch durch Transferzahlungen, wie zum Beispiel Wohngeld, erreichen.
Mieteinkommen sind für Ältere eine relativ sichere und verständliche Einnahmequelle. Für Jüngere ist es nützlich, bis zur Klärung ihrer Lebenssituation und zugunsten des Aufbaus von Produktivvermögen zu mieten. Mietverhältnisse sind auch nützlich, wenn Wohnbedürfnisse so wenig dauerhaft sind, dass Kaufen keine interessante Option ist. In solchen Fällen spielt Mieterschutz auch keine so wichtige Rolle.
Leistungsträger werden bei der Einkommensentstehung und -verwendung so hoch besteuert, dass sie eine eigene Immobilie aus Arbeitseinkommen kaum erwirtschaften können. Wenn sie eine Immobilie erwerben, zahlen sie für Neubauten 19 Prozent Mehrwertsteuer. Der Staat vereinnahmt das oft über Jahre ersparte Geld und verwendet es vorwiegend konsumtiv. Die Grunderwerbsteuer lag früher bundesweit bei 2 %. Mittlerweise beträgt sie bis zu 6,5% je nach Bundesland. Der Eintrag ins Grundbuch kostet mehr, als für einen Verwaltungsakt notwendig sein dürfte. Diejenigen, die trotz sehr hoher Einkommens-/Kaufpreismultiplikatoren Immobilien kaufen, müssen hohe Risiken bei einer Kreditaufnahme eingehen, weil die zu geringe Erhöhung von Bauland bei gleichzeitigem Zuzug eine Verknappung von Bauland und möglicherweise nicht nachhaltige Immobilienpreise erzeugt hat.
Über Jahrzehnte wurde das Ansparen von Lebensversicherungen staatlich gefördert. Ein erheblicher Anteil der Mittel wurde aufgrund von Deckungsstockvorschriften für Versicherungsunternehmen in Staatsanleihen gelenkt. Gleichzeitig lag das Wohnungsangebot unter der Nachfrage und es erschien angezeigt, Mieter gegen hohe Mieten zu schützen. Gesetzgebung und Rechtssprechung entwickelten einen weitgehenden Mieterschutz. Insbesondere waren Mietverhältnisse kaum kündbar. Investitionen in Wohnimmobilien durch Lebensversicherungsgesellschaften gingen zurück[5]. Die erzielbaren laufenden Renditen erschienen den Lebensversicherungsgesellschaften zu gering, um daraus Altersversorgungsleistungen erbringen zu können.
Derzeit werden Staatsanleihen durch Repressionspolitik in ihrer Substanz entwertet. Der Staat verwendet Steuereinnahmen, die in erheblichem Umfang als Folge der Repressionspolitik, zum Beispiel als Wertzuwachssteuern, entstehen, tendenziell für Konsum. Diejenigen, die zur Altersvorsorge Wohnungen erworben haben, konnten sich vor Entwertungen schützen. Durch Preissteigerungen profitieren solche Immobilienbesitzer bei einem reduzierten Angebot an neuem attraktiven Wohnraum tendenziell von dieser Geldpolitik zulasten von Jüngeren.
Ökonomisch waren diese Politikentscheidungen und die entsprechende Rechtssprechung fragwürdig. Hätte man ausreichend Bauland ausgewiesen, wären Bodenpreise niedriger gewesen. Bei passenden Rahmenbedingungen hätte durch Kreditgeldschöpfung sehr wahrscheinlich mehr Wohnraum geschaffen werden können. Eine höhere Eigentumsquote hätte real zu mehr Vermögen geführt und Mieterschutz wäre weniger nötig. Der Mietmarkt insgesamt wäre liquider.
Staatliche Massnahmen haben einer wahrscheinlich wohl sinnvollen Vermögensentwicklung entgegen gewirkt. Sparleistungen deutscher Vorsorgeunternehmen und Banken wurden stattdessen in fragwürdige Anlagen weltweit investiert, die viel schwerer durchschaubar waren.
Durch Kreditgeldschöpfung ist mit einer Finanzierung von neuem Vermögen – gleich ob Produktiv- oder langlebigem Konsumvermögen – die Entstehung neuen Geldes verbunden. Wenn Vermögensentstehung und Geldmengenwachstum in einem angemessenene Verhältnis stehen, entsteht durch zusätzlich entstandenes Geld keine Inflation. Die Entstehung neuen Immobilienvermögens ist viel leichter möglich, als viele glauben.
Eine Mehrheit von Wählern hätte möglicherweise gerne eine eigene Immobilie zu bezahlbaren Preisen. Bei einer Eigentumsquote in Deutschland von weniger als 50 Prozent steht allerdings für die Presse und viele Politiker da Befördern von Mieterschutz im Vordergrund. Gäbe es, wie in vielen anderen Ländern, eine Eigentumsquote für selbst genutzte Immobilien von mehr als 50 Prozent, wären die Wahlchancen von Politikern wohl anders. Wenn sie die Wirkung von Kreditgeldschöpfungsprozessen und indirekten Steuern im Hinblick auf die Finanzierungsmöglichkeiten von Immobilien analysieren, würden sie vielleicht eher die Entstehung weiteren Wohneigentums befördern.
Anhang: Mögliche Massnahmen zur Steigerung der Eigentumsquote für Wohnraum:
- Reduzierung der Grunderwerbsteuer für selbstgenutzte Immobilien.
- Erhöhung der Grunderwerbsteuer beim Erwerb von Wohnimmobilien durch Kapitalgesellschaften und ausländische Fonds.
- Senkung oder Wegfall der Mehrwertsteuer beim Erwerb selbstgenutzter Neubau-Wohnungen oder -Häuser für junge Familien.
- Denkbar wäre auch, dass ein Gebäudeaufteiler nicht nur die Wohnungen den Mietern zum Erwerb anbieten muss, sondern auch einen Teil seines Umwandlungsgewinns an den Mieter als Kaufpreisanteil weiterreichen muss. (Wäre rechtlich zu prüfen)
[1] „Berlin wird langsam auf die Größe Hamburgs eindunsten“ in WELT vom 25.02.2002. Siehe https://www.welt.de/print-welt/article375937/Berlin-wird-langsam-auf-die-Groesse-Hamburgs-eindunsten.html (Abgerufen am 28.01.2021)
[2] Für Gebäude könnte eine Rückbauverpflichtung in Verbindung mit einer Pflicht, eine Rückbaurücklage zu bilden, angezeigt sein. Das hätte auf die Kalkulation Einfluss und würde die Art und Weise des Bauens ändern. Dafür wären wohl Änderungen im WEG notwendig, weil derzeit Wohnungseigentümergemeinschaften nur bei Einstimmigkeit einen Abriss unwirtschaftlicher Gebäude beschliessen können. Das ist auch bei unwirtschaftlichen Wohngebäuden kaum erreichbar.
[3] Quelle: Erhaltungssatzungen in München https://www.muenchen.de/rathaus/Serviceangebote/wohnen-bauen/erhaltungssatzungen.html (Abgerufen am 28.01.2021)
[4] Quelle: Landeshauptstadt München, Referat für Stadtplanung und Bauordnung: Erhaltungssatzungen in München, 30 Jahre Milieuschutz (1987-2017), S. 46
[5] Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V., Die deutsche Lebensversicherung in Zahlen 2018
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